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Ausgabe #4/20

Ausgabe #3/20

Von Loorbeerhecken und Konflikten

Glück auf, liebe Harleyfreunde! Ein früherer Nachbar mahnte mich einst, den Kirschloorbeer in meinem Garten zu schneiden. Kühn begab ich mich aufs dünne Eis und behauptete, man dürfe zu der Jahreszeit keine Hecken schneiden, weil Vögel darin nisten. Diese Verordnung gibt es wirklich, sie gilt aber nicht für Kirschloorbeer, weil Vögel eben genau darin nicht nisten. Auf meine Frage hin, weshalb er denn so einen Stress machen würde, antwortete Methusalem, meine Hecke werfe Schatten auf seine Möhren und die würden dann nicht richtig wachsen. Ich zeigte mich seiner Argumentation gegenüber gebührend beeindruckt und entgegnete, dass ich sie schneiden würde, sobald die Küken geschlüpft sind.

Die Monate vergingen, der Sommer endete und der Kirschloorbeer tat, was er am besten konnte. Er wuchs und wuchs. Der alte Mann sprach inzwischen nicht mehr mit mir. Stattdessen sprach er mit seinem Anwalt, der mich alsbald anschrieb. In diesem Schriftsatz forderte der Anwalt mich in Namen meines Nachbarn auf, endlich die Hecke zu schneiden oder alternativ die Hecke um 3 Meter zu versetzen, andernfalls wäre ich schadenersatzpflichtig im Hinblick auf kümmerliche Möhren. Dieser Schriftsatz weckte meinen Sportsgeist und ich bat den Anwalt schriftlich eine sachliche Stellungnahme, worauf dessen Forderung fuße.

Nicht ahnend, was ich da los trat ging das eine Weile hin und her. Eines schönen Tages, es war inzwischen wieder Frühling, fand ich im Briefkasten einen von diesen nich so schönen, dicken, gelben Umschlägen. Eine Postzustellungsurkunde vom hiesigen Amtsgericht. Darin befand sich die Klageschrift und eine Einladung zum Gerichtstermin.

Hossa, damit hatte ich nicht gerechnet! Am darauffolgenden Wochenende stand ein Grünschnittcontainer in meiner Einfahrt und mehrere wüste Rocker rückten mit amtlichen Gartengerät der Marke Stihl an. Innerhalb einiger Stunden lugten vom Kirschloorbeer nur noch kurze Stumpen aus dem Boden. Schließlich gibt’s reichlich Gerichturteile zu diesem Thema, die der Anwalt nicht versäumte anzuführen. Bei dieser Verhandlung hätte ich keine Chance gehabt, dies musste ich mir zähneknirschend eingestehen.

Es geht schon lange so und reißt nich ab. Jeder geht gegen Jeden für Alles zum Anwalt und zieht vor Gericht. In den Richterzimmern türmen sich die Aktenstapel derer, die mit aller Gewalt Recht haben und bekommen wollen. Angefangen bei kleinen Nickeligkeiten bis hin zu Mord und Totschlag. Wie letzten Monat angekündigt, müssen wir heute mal was Ernstes besprechen. Denn eben auf diese Dinge will ich in diesem Aufsatz und dem des nächsten Monats eingehen.

Es soll doch tatsächlich schon mal vorgekommen sein, dass Handwerker schlampig arbeiten und sich im Nachhinein keinen Schuh von Deiner Reklamation anziehen. Da regnets durchs Dach, da hängt die Türe, da stehen Mauern schräg und Kratzer zieren Lack; die vorher niemand gesehen haben will. Diese Auflistung ließe sich beliebig weiterführen. Immer wieder entbrennen im Handwerk hitzige Diskussionen und Streit zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer. Mein persönliches Highlight der letzten Jahre war die Brandstiftung in einer Stätte der Verrichtung hier auf dem Hamminkelner Kiez. Der Freier war unzufrieden mit der verrichteten Dienstleistung und steckte kurzerhand die Bude an, die dann komplett abfackelte. Bilanz: Ein Toter. Der Freier ist inzwischen verurteilt und wartet auf Kuchen mit ner Feile drin.

Soweit darf es natürlich nicht kommen, ich will Dir schildern wie im Falle der Nichteinigung der weitere Werdegang ist.

Wenn es Ärger mit Handwerkern gibt, muß dem Handwerker dreimal die Möglichkeit der Nachbesserung gegeben werden. Erst wenn alle Versuche nicht fruchten und der Kunde kommt mit dem Handwerker nicht übereins, will aber seine Forderung durchsetzen. Dazu geht er zum Anwalt, dieser schreibt den Handwerker an. Dieser muss gemäß dem „Grundsatz des rechtlichen Gehörs“ informiert werden, damit er Stellung beziehen kann. Der Handwerker äußert sich aller Wahrscheinlichkeit auch über seinen Anwalt. Hier laufen bereits Kosten auf, so n Anwalt nimmt mal schnell 200 Eier die Stunde. Mit üblichen Floskeln wird gegenseitig der Gang zum Gericht in Aussicht gestellt, um der Forderung Druck und Schärfe zu verleihen. Der eine will wandeln, der andere will Kohle. Kläger und Beklagter können in dem Fall wechselseitig beides begehren.

Es werden Forderungen untermauert, in dem man Gutachter einschaltet und deren Gutachten einreicht. Mitsamt der Kostenrechnung natürlich. Geht ja nix ohne Geld. Alle sind sich siegessicher und sehen einer gerichtlichen Auseinandersetzung gelassen entgegen. Dieser Schriftwechsel zieht sich nicht selten lange hin. Solange, bis einer Klage bei Gericht einreicht. Dort setzt sich dann das nervenzerfetzende, gegenseitige Sich-darlegen und Sich-darstellen gegenüber dem Richter fort. Für jedes Anschreiben des Anwaltes musst Du Termine bei dem machen, um die weitere Vorgehensweise zu erörtern und Argumentationsketten zu formulieren. Das geht eine ganze Weile hin und her und Monate später erhalten alle Beteiligten den eingangs erwähnten gelben Umschlag, der vermutlich einen Anhörungstermin enthalten wird. Dieser Termin liegt in mittelbarer Zukunft, unter 4 Wochen geht da meistens nix.

Die Parteien hecheln dem Termin entgegen, legen sich weiter Argumente zurecht und sind sich sicher, das Ding für sich zu entscheiden. Die Enttäuschung folgt auf dem Fuße der Ernüchterung, dass die Anhörung nicht eine Entscheidung in der Sache herbeiführt, sondern der Beweisaufnahme dient. Der Richter wird kurz mit den Parteien sprechen, ob sie sich vergleichen wollen. Verneint dies eine der Parteien, geht die Reise weiter. Was es auf dieser Reise alles Sehenswertes zu sehen und erlebenswertes zu erleben geben kann, erzähle ich in der nächtsen Ausgabe!

In diesem Sinne, gesund bleiben!

Ride on

Euer Evoluzzer

18.03.2020

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